Vom Pelz- und Metzenschnitter Oberweiler

Baliho, den 18. Travia

Am Morgen des Tages machen wir uns auf den Weg zur Garnison, um den Hauptmann Richolf Emmerbinge zu sprechen. Als wir vorstellig werden, mustert er Liasanya und Emmeran mit skeptischen Blicken. Vor allem die Anwesenheit einer Elfe ist ihm anscheinend suspekt. Ich kann nicht anders, als ihm in diese Wunde Salz zu streuen, indem ich ihn darauf aufmerksam mache, dass auf der Liste mit Namen, Orten und Zeugen zu den Morden, die er uns dankenswerter Weise aushändigt, Liasanyas Name fehlt und dort nur von einer Elfe die Rede ist. Dabei habe ich aber auch einen wichtigen Punkt im Auge: Nicht nur hier habe ich das Gefühl, dass mehr Genauigkeit bei den bisherigen Ermittlungen uns jetzt sehr helfen würde. Immerhin malt der Hauptmann uns in eine schlauerweise von uns mitgebrachte Karte die Orte ein, an denen die Morde stattgefunden haben. Es zeigt sich, dass alle in der Südstadt von Baliho erfolgt sind. Nach Emmerbinges Theorie handelt es sich bei dem Metzenschnitter um eine Frau, die sich die ehemaligen Nachtgefährtinnen ihres Mannes vornimmt. Kurz schauen wir uns die Daten an, die wir nun haben, was bei der Handschrift desjenigen, der die Liste für uns verfasst hat, nicht ganz einfach ist. Wir glauben ein Muster zu erkennen, nachdem die Morde alle sieben Nächte vorgenommen werden. Den einmal nicht stimmigen Abstand erklärt Liasanya nachvollziehbar damit, dass die Leiche erst einen Tag später gefunden wurde.

Emmeran und ich gehen dann in die Leichenhalle im Keller der Garnison, in der auch noch die Leiche von Kupunda, der nun vorletzten Ermordeten aufgebahrt ist. Als wir Liasanya zurücklassen, zeigen sich erneut die ungemeinen Vorurteile, die viele Menschen gegenüber Elfen haben, als einer der Wachthabenden sie nicht alleine zurücklassen will.

Bei der Leiche von Kupunda erkennt Emmeran, dass der Hals nicht wie auf der Aufstellung vermerkt aufgerissen, sondern mit einem stumpfen Gegenstand aufgeschnitten wurde. Außerdem findet er bei ihr das Zeichen einer Gans, dem heiligen Symbol der Travia, in die Haut am Dekolleté eingeritzt. An der Leiche von gestern Nacht, Hennya Grünfeld, sehe ich, dass ihr Herz zwar schnell, aber doch fachmännisch vom einem Rechtshänder entfernt wurde. Außerdem finde ich ein paar blaue Flecken, wobei nicht klar ist, ob sie durch eine Auseinandersetzung entstanden sind.

Als wir uns wieder auf den Weg zum Hotel machen, hören wir aus einer Seitenstraße Schreie. Auch ein uncharmant aussehender Geselle, der uns „geht weiter“ entgegen faucht, kann uns nicht daran hindern, weiter nach dem Urheber der Schreie zu suchen. Um die Ecke kommend sehen wir einen groß gewachsenen Mann, der ein Kind oder einen Zwerg, das oder der vor ihm auf dem Boden liegt, mit Tritten malträtiert. Das „Grorthin, da wollen noch welche Ärger“ des Flegels an der Ecke verrät uns schon einmal einen Namen. Die folgenden Drohungen Grorthins und sein wildes Schwingen mit der Axt helfen ihm wenig. Der Kampf ist kurz, wenn auch für Liasanya schmerzvoll – gegen uns drei Magiebegabte haben die beiden Straßenschläger keine Chance. Schließlich nehmen wir die Geschundene, eine junge Zwergin namens Orima, Tochter der Garescha, und die Axt von Grorthin Helmisch, der im Namen des mir noch gut bekannten Boswitz der armen Frau eine Abreibung geben sollte, mit ins Hotel. Orima, eine Steinmetzin, hatte auf einen Grabstein „Hier ruht Alfrik, der vom fetten, feigen Boswitz zu Boron geschickt wurde“ eingemeißelt. Wer ihr den Auftrag gegeben hat, kann sie nicht sagen. Die Kasse hat aber wohl gestimmt.

Nachdem wir uns den Rest des Tages von den bisherigen Strapazen erholen und ich endlich dazu komme, einen Teil meiner magischen Energie zu regenerieren, geht Emmeran, mit etwas Geld aus der Reisekasse ausgestattet, am Abend in die „Flinke Minna“, einem der zwei Bordelle der Stadt, um dort weitere Nachforschungen zu betreiben.

19. Travia

Gegen Mittag des Tages, Liasanya und ich haben bereits seit Stunden, ich unterstützt durch ein oder zwei Rotwein, über das weitere Vorgehen gegrübelt, gesellt sich auch der sichtlich verschlafene Emmeran zu uns und berichtet von den Erkenntnissen, die er gewonnen hat. Das erste Opfer des Metzenschnitters, eine Dirne namens Linje, ist an dem Todesabend mit einem großen, dunkelhaarigen Mann mitgegangen. Und auch das zweite Opfer, das aus der „Flinken Minna“ stammt, Kupunda, ist mit einem großen Mann mitgegangen. Über diesen konnte Emmeran noch mehr in Erfahrung bringen. Der Gast war aufgefallen, da er einen roten, mit Pelz besetzten Mantel getragen hat und auch sonst einen gepflegten Eindruck machte. Ob auch der Mann, mit dem Linje mitging, einen solchen Mantel trug, konnte ihm leider niemand sagen, da an dem Abend des Mordes an Linje in der „Minna“ viel los war. Dass Emmeran wohl auch sonst noch Erkenntnisse gewonnen hat, lässt sich unschwer erkennen – aber da schweigt der höfliche Freier natürlich. Jedenfalls hat sich seine Abneigung, an diesem Abend auch das zweite Bordell, den „Heimathafen“ zu besuchen, aus dem das zweite Opfer, Gerswind, stammt, etwas gelegt. Den Rest des Tages verbringe ich erneut mir Regeneration und einem längeren Aufenthalt im Schankraum.

20. Travia

Dieses Mal deutlich früher berichtet uns Ememran von dem, was er erfahren hat. Am Abend von Gerswinds Tod war ein großer, langhaariger Mann mit rotem, pelzbewährten Mantel im „Heimathafen“ und versuchte vergebens, Gerswind davon zu überzeugen mitzukommen. Später verließ sie dann alleine das Bordell. Der Wirt hat aber einen Mann, den er den „tumben Jarek“ nennt, als Mörder im Visier. Dieser lauere den Mädels auf und glotze sie an. Wir machen uns gleich auf den Weg zu Jarek. Ich hoffe, dass er auch in der Mordnacht Gerswind nachgegangen und sie „angeglotzt“ hat. Dabei könnte er den Mörder beobachtet haben. Jarek wohnt in einer Art Holzverschlag am Wasser. Während der kurzen Konfrontation kommt uns dreien das „Ich schau doch nur, ich tu’ doch nichts“ durch die Geschichte mit Fredo nur allzu bekannt vor. Aber doch ist er in unseren Augen nicht der Mörder. Auch kann er uns wie erhofft weiterhelfen: In der Mordnacht hat er einen Mann im roten Mantel bei Gerswind gesehen, jedoch war sie schon tot, als er sie gefunden hat. Dann ist er weggelaufen, um sich zu verstecken. Am heutigen Abend werde er uns alles genauer zeigen.

Nun machen wir uns auf zum Hauptmann. Wir können nicht fassen, dass wir in zwei Tagen so viel herausgefunden und einen Tatverdächtigen haben, Emmerbinge hingegen bisher wenig zustande gebracht hat. Emmeran geht ihn in seiner eigenen, Autoritäten nicht achtenden Art forsch an. Zu einem roten Mantel fällt Emmerbinge nichts ein. Immerhin ist er hilfreich, indem er uns von unserer 7-Tage-Theorie abbringt: Gerswind kann nicht eine Nacht gelegen haben, sie wurde in der Mordnacht gefunden. Als wir gehen, spreche ich ihn auf den Vorfall mit Alfrik an. Er war ein Mitarbeiter von Marja Ganjaneff, der Rivalin von Boswitz. Sie stecke wohl hinter der Grabsteininschrift.

Wir gehen zum Hotel „Pandlaril“ in die Nordstadt, aus dem Hennya vor zwei Nächten in der Hoffnung aufgebrochen ist, im „Kaiserstolz und Orkentod“ noch die eine oder andere Dukate zu verdienen. Der Mantelträger in der Eingangshalle ist uns sehr behilflich. Beim Träger des roten Mantels müsse es sich um Herrn Elbaran Oberweiler, dem Inhaber der Balihoer Pelzmanufaktur handeln. Er war zuletzt in der Mordnacht im „Pandlaril“, das er wohl regelmäßig aufsucht. In der Nacht sei er zuerst nur kurz dort gewesen und nach einiger Zeit dann wiedergekommen. Er ist kurz nach Hennya gegangen.

Nachdem ich dem guten Mann ein paar Heller für seine Dienste gebe, verlassen wir das Hotel. Noch während wir beraten, was wir nun tun wollen, verlässt ein irgendwie seltsam wirkender Mann mit Narbe das Hotel. Liasanya geht daraufhin sofort wieder herein, um den Mantelträger zu fragen, ob er diesen Mann zu Oberweiler geschickt habe, was aber von jenem verneint wird. Die folgende kurze Verfolgung endet damit, dass der Mann uns drei spielend abhängt. Also gehen wir zu Oberweilers Manufaktur, um ihn direkt zu konfrontieren. In der Manufaktur, die eine große Lagerhalle mit integriertem Büro ist, treffen wir nur seinen Buchhalter an, der schnell merkt, dass wir nicht dort sind, um Pelze zu erwerben. In dem scharf geführten Gespräch nutzt Emmeran einen unbeobachteten Moment, um den Buchhalter per Zauber daran zu erinnern, dass dieser nun unverzüglich eine Antwort auf eine von uns an Oberweiler gerichtete Frage benötige. Der Buchhalter rennt unverrichteter Dinge los und verlässt Balihos Südstadt, um zu einem großen Haus ausserhalb zu laufen. Dort klopft er mehrmals, bekommt aber keine Antwort. Dann rennt er zurück in die Stadt zum „Ochsbruch und Achsenhorn“, doch auch dort findet er Oberweiler nicht. Wohin er dann will, erfahren wir nicht mehr, da die Wirkung von Emmerans Zauber leider nachlässt. So trennen sich unsere Wege.

Das abendliche Treffen mit Jarek ist nicht besonders hilfreich. Wir erfahren nur noch, dass er beobachtet hat, wie eine Gestalt auf Gerswind hingetreten ist und ihr einen Umhang umlegte. Dann sei diese kurz darauf zu Boden gesunken. Da sich hier nicht mehr erfahren lässt, bleibt uns Zeit, die Taverne „Ochsbruch und Achsenhorn“ aufzusuchen. Bei unserem Eintreten sehen wir sowohl Oberweiler als auch den Mann, den wir erfolglos nach unserem Besuch im „Pandlaril“ zu verfolgen suchten. Liasanya setzt sich zu diesem an den Tisch. Es folgt ein kurzer Austausch, an dessen Ende sie sich gegenseitig vorstellen. Der Mann heißt Ludo von Rabenstein. Noch während Emmeran eine feine Weise vorträgt, verlassen Oberweiler und von Rabenstein das Gasthaus. Wir konzentrieren uns auf Oberweiler, weswegen wir von Rabenstein aus den Augen verlieren. Während Emmeran sich zurückfallen lässt, überholt Liasanya Oberweiler. Durch einen Zauber stellt sie fest, dass dieser wie Fredo keine lebendige Aura besitzt. Ich beuge mich der Mehrheit, nachdem Liasanya und Emmeran sich dagegen aussprechen, Oberweiler gleich jetzt zu konfrontieren. Offensichtlich haben sie aufgrund der Erfahrungen mit Fredo große Angst, Oberweiler alleine zu konfrontieren.

21. Travia

In der Nacht erwache ich aus einem schlimmen Traum. Zuerst sehe ich eine Schneelandschaft mit roten Steinen. Dann erkenne ich, dass es sich bei den Steinen um Fleischbrocken handelt, die mich schließlich begraben. Ein roter Strom tritt über die Ufer, alles fließt irgendwie bergwärts. Die Zwölfe seien Dank, ich fühle mich kaum erschöpft, auch habe ich nicht das Gefühl, dass es sich um eine fremde Vision gehandelt hat.

Morgens gehe ich nach unten und berichte den anderen kurz von dem Traum. Dann machen wir uns auf, den Metzenschnitter zu stellen. Dazu führt unser Weg zuerst auf die Wache. Der Hauptmann ist bereit, uns zu folgen, verzichtet aber darauf, weitere Männer mitzunehmen, da allein Gerede dem hohen Ansehen von Oberweiler schaden könnte. Beim Privathaus öffnet niemand auf unser klopfen. Zum Schrecken von Emmerbinge versuchen wir, in das Haus einzudringen. Nach einigem Hin und Her hilft er uns, indem er die Hintertür öffnet. Das hätte Rashid nicht besser hinbekommen. Nachdem eine erste Runde durch das Haus und den Garten keinerlei Ergebnisse bringt, beginne ich, im ersten Stock des Hauses nach geheimen Verstecken zu suchen. Da wir Beauftragte des Herzogs sind, interveniert der Hauptmann auch jetzt nicht, wobei er seinem Widerwillen deutlich Ausdruck verleiht. Aber da ich der Einschätzung Liasanyas vertraue, sehe ich mich auf dem richtigen Weg. Und kurze Zeit später soll sich schmerzhaft herausstellen, dass meine Beharrlichkeit richtig war. Als ich eine Truhe öffne, schnellt daraus Oberweiler heraus und attackiert mich mit einem Dolch. Es folgt ein kurzer Kampf, den wir für uns entschieden können. Gegenüber der Auseinandersetzung mit Fredo war das hier ein Kinderspiel. Wie Fredo zerfällt auch Oberweilers Leiche im Licht. In der Truhe finden wir in einem Tongefäß auch noch das Herz Hennyas. Nachdem wir den verständlicherweise sichtlich verstörten Emmerbinge beruhigt haben, einigen wir uns mit ihm auf eine Geschichte, wieso es hier keine Leiche gibt. Da ich sowieso als Magier zu erkennen bin, werde ich als Grund auserkoren – was meinem Einsatz in diesem Gefecht sogar mal gerecht wird.

Aus den Gedanken von
Wolfhart Raibridar von Horigan zu Welmshof,
Baron von Falkenberg, Ehrenbürger von Gratenfels,
Adept der Schule der Beherrschung zu Neersand

opa says:

Danke für den Bericht. Ich würde gerne den Satz “Noch während Emmeran eine feine Weise vorträgt” gegen “Noch während Emmeran das Märchen von der Acheburg vorträgt, an das ihn der Bericht Jareks wieder erinnert hat,” austauschen.

js says:

Das ist ein guter Vorschlag von op, er gibt dem Bericht mehr Detailreichtum.