Genova bei Nacht

Genova, 19. April 1998, Lokalnachrichten

Der Journalist Goffredo Parise will erfahren haben, dass im Krankenhaus Santa Maria in der Nacht vom 18. auf den 19. April ein Polizist von mehreren Gewalttätern brutal angegriffen worden ist. Parise ist Hauptverleger des wenig respektablen Magazins L’ora Tenebrosa, das meist gesellschaftliche Tabus oder übernatürliche Phantasien reißerisch aufmacht und gerne auch Gewalt-Stories in den gewünschten Kontext rückt.

Von der lokalen Tagespresse ist die Meldung nicht aufgegriffen worden, scheinbar da sie sich nicht von polizeilicher Seite bestätigen ließ. Mit L’ora Tenebrosa als einziger Quelle bleibt diese Nachricht weitestgehend unbeachtet bzw. wird von jedem vernünftigen Genovesen kaum für voll genommen.

Genova, 19. April 1998, des Nachts

Hochrangige Vertreter des Lancea Sanctum, unter anderem Paolo Edmondo Giustiniani, das Childe des Prinzen, und Sheriff Konrad von Honstein, verstärken ihre Suche nach einer Geweihten der Kirche des Longinus. Anna Marie Therese Julie, eine große, dunkelhaarige Frau jungen Alters, gilt damit mittlerweile offiziell als vermisst. Zuletzt gesehen wurde sie im Anschluss an eine Messe von Schwester Maria di Firenzo, Childe des Bischofs Bertoldo Francesi.

Der übrigen Vampirgesellschaft entzieht sich derweil, warum ein einzelnes Mitglied der Kirche diesen Aufwand rechtfertigt. Bis auf ihre Ankunft letztes Jahr hat sich Anna Julies nächtliche Existenz fast ausschließlich in Reihen des Lancea Sanctum abgespielt.

Genova, 19. April 1998, Università

Die Tageszeitung Corriere Mercantile schließt an ihre Meldung vom Vortag an und berichtet über die positive Entwicklung im Fall Prof. Dr. Ettore Flavio Batticelli. Der Professor habe sich gut von dem nächtlichen Angriff erholt und konnte jetzt von der Polizei zu dem Überfall vernommen werden.

Der zuständige Kommissar Trentino Lauri zeigte sich Reportern des Corriere Mercantile gegenüber wenig optimistisch. Die Zeugenaussage sei lückenhaft und enthielte wenig konkrete Hinweise. Als Grund verwies der Kommissar auf die lebensbedrohliche Situation und den Schock in Folge.

Paula Rosado, geliebte wie verhasste Harpie, kommentierte selten leise, dass sie sich nicht vorstellen kann, dass der Überfall von einem Mitglied der nächtlichen Gesellschaft Genovas ausgegangen sei. Dennoch solle der Ordo doch schleunigst einschreiten, wenn sie schon nicht zugeben wollen, dass er einer der ihren ist.