Milwaukee im Herbst
Ich sitze immer noch im Barbereich des Grafton Morrison, beobachte Ms. Mandaley und trinke dabei einen dieser süßen, überteuerten Drinks, die sie in solchen Läden unter der Rubrik „Wellness“ auf der Karte führen. Die drei anderen sind immer noch bei Simmonds, ich hoffe, dass das ein gutes Zeichen ist. In der Bar ist nicht viel los und auch die zu beobachtenden Subjekte machen nicht gerade den Eindruck, als würden sie sich köstliche amüsieren.
Ein Telefon, genauer, sein Klingeln, setzt uns alle in Alarmbereitschaft. Der Mann hinter der Bar reicht nach einem kurzen Telefonat Ms. Mandaley eine Karte, woraufhin sie sich mit ihren Begleitern zum Fahrstuhl aufmacht, um schließlich im zehnten Stock, also in Simmonds Etage auszusteigen.
Gerade, als ich mich aufmachen will, ihnen zu folgen, kommen John, Sam und Alex mit einem anderen Fahrstuhl in der Lobby an. Sie scheinen einiges herausgefunden zu haben, wie ich nach und nach erfahren werde. Bevor ich über alles ins Bild gesetzt wurde, finde ich mich in Begleitung von Sam erneut in der Bar wieder. Während ich zwei Gin Tonic bestelle, versetzt sich Sam in eine Art Trance, aus der heraus er sich mit seinen Sinnen in die Suite von Simmonds versetzen kann. Ich widme mich in der Zeit den beiden Drinks.
Nachdem er wieder aus seiner Trance erwacht ist, berichtet Sam von dem Treffen in Simmonds Suite wie, als wenn er in dem Zimmer anwesend gewesen wäre. Was er sah, war folgendes: Simmonds und Mandaley verhandeln über Helling und den von ihm gestohlen Gegenstand. Simmonds schafft es als gewiefter Taktiker einen großen Batzen Geld sowie einen großen, wenn auch noch nicht näher spezifizierten Gefallen aus Diana, die auch im Namen ihrer Großmutter und deren „Partnern“ verhandelt, herauszuschlagen.
Im Gegenzug verspricht Simmonds, Helling und den Gegenstand für die Mandalays zu besorgen. Simmonds teilt nach der Einigung mit, dass auch eine Gruppe des Montano Trust hinter Helling und dem Gegenstand her sind, was Ms. Mandaley und ihren Anwalt, einen Mr. du Bois, zuerst ein wenig verschreckt bzw. annervt. Da wir uns nun in dieser Sache wirklich nicht besonders vorsichtig verhalten haben, wundert es mich auch nicht, dass Simmonds unsere Namen weitergeben kann.
An du Bois kann ich mich gut erinnern, ich habe für Simons Anwaltskanzlei mal einige Recherchen vorgenommen. Wobei, wenn man die Zeit bedenkt, die ich da rein gesteckt habe, waren die Ergebnisse dann doch leider wenig substantiell. Die Kanzlei besteht nur aus drei Anwälten sowie ihren AssistentInnen (meist junge Frauen, die dann entweder spurlos verschwinden oder aber, was John hat hellhörig werden lassen, an andere Kanzleien weiter vermittelt werden) und hat durch nur wenige Klienten, die alle in der Mandaley-Liga spielen, einen enormen Reichtum und Einfluss erlangt.
Nachdem Sam schnell noch einen Drink leert, machen wir uns auf die Socken. Die Zeit drängt fürchterlich, wir müssen vor Simmonds bei Helling sein. John hatte es wohl geschafft, dessen Aufenthaltsort aus Simmonds heraus zu hypnotisieren. Als wir in die Lobby kommen, erfahren wir von Alex, dass er die Adresse von Helling geortet hat – ein größerer, 28 Parteien Wohnblock nicht all zu weit von hier. Sam hat die in meinen Augen gute Idee, sich Simmonds Wagen kommen zu lassen, den wir nach einigem Hin und Her auch bekommen und zuerst etwas unklar, was wir denn damit jetzt machen sollen, einfach fahruntüchtig am Straßenrand stehen lassen. Vielleicht kauft uns das ja wertvolle Minuten.
Die Tür zu dem Wohnhaus, in dem Helling sich befinden soll, ist kein großes Problem für mich. Kaum drinnen, suchen wir den Keller. Hier vermuten wir Helling, da er wohl versuchen wird, halbwegs sicher, was v. a. heißt in Dunkelheit, den Tag zu überstehen. Im Keller brennt an einem entfernten Ende des Ganges Licht. Alex nimmt sich der Sache an: er eilt zu der Ecke, hinter der der Lichtschein herkommt und als ein Mann auftaucht, der wahrscheinlich eine Waffe in seiner Tasche versteckt, tritt er diesem mit einem entschiedenen „Hier ist das FBI, auf den Boden, Hände hinter den Kopf“ entgegen.
Nachdem der Mann zuerst wirklich eine Waffe zieht, dann aber widerwillig folgt, wohl einsichtig, dass mit Alex nicht zu spaßen ist, fesselt dieser ihn. Ich nehme, Alex dicht folgend, die Waffe an mich, während Alex bereits zur weitgehend erfolglosen Befragung übergeht.
In der Ecke, aus der der Lichtschein kam, ist eine offene Tür, die zum Heizungsraum führt. Ein kurzer Blich genügt, um zu erkennen, dass hier einige Möglichkeiten sind, um sich zu verstecken bzw. verschiedene Klappen oder Platten in andere Räume hinter und unter dem Keller führen könnten. Darüber hinaus lässt eine Eisenkante, die in der Decke über der Eingangstür erkennbar ist, vermuten, dass hier eine Feuerschutzwand eingelassen ist.
Da der Feueralarm sich zu unserer aller Überraschung in dem und nicht außerhalb des Kellers befindet, diskutieren wir kurz, wie wir ein mögliches Ein- oder Aussperren von uns oder wem auch immer, der noch hier ist, verhindern können. Da sich das Einklemmen der ebenfalls im Keller zu findenden Feueraxt als nicht sicher heraus stellt, klemmt Alex eine flux mal ausgehängte Kellertür aus Holz unter den Rahmen. Das sollte wohl reichen.
Alex und ich beginnen, während die anderen auf den Gang aufpassen, den Heizungsraum zu durchsuchen und finden hinter einem Tank eine halbhohe Eisentür. Nachdem ich mir ein paar ungeeignete Hilfsmittel aus verschiedenen Kellern zusammen klaue, versuche ich, die Tür zu knacken. Es ist eine lange, viel zu laute und arg anstrengende Arbeit, bis die Tür endlich nachgibt und sich vor uns ein größerer, etwas nach unten versetzter Raum öffnet, der an der gegenüberliegenden Seite die Sicht in einen dahinter liegenden Raum mit zwei Eisensärgen freigibt.
Während ich versuche, einen ersten Überblick zu gewinnen, hat Alex, fix und zupackend wie immer, bereits ein Loch in den dem Eingang gegenüberliegenden Tank in einer Höhe geschlagen, die einen geradezu perfekt spritzenden, breiten Strahl schönen Heizdiesels in die Kammer und dort die Treppe hinunter laufen lässt. Das letzte Mal hat wohl Kevin Costner in Robin Hood mit seinem „Ich springe an einem gerade gefundenen und kurz festgebundenen Bettlaken aus dem Fenster und treffe genau das acht Meter weiter unten liegende Fenster-Stunt“ auf die Schnelle ein so gutes Augenmaß bewiesen.
Die etwas robuste Art, mit der ich die Tür geöffnet habe, hat wohl dazu geführt, dass Helling wach geworden ist, jedenfalls hören Alex und ich ihn – was mir aber selber kurze Zeit später wieder spanisch vorkommt. Bevor ich jedoch dem, wie sich heraus stellen sollte, kurzfristigem Irrglauben aufgesessen bin, dass Helling doch nicht hier ist, rufe ich den anderen zu, dass wir ihn gefunden haben. Nachdem Alex und ich kurz in den Raum treten, um entweder Helling (Alex) oder aber, weil jetzt gerade in der Helling-ist-nicht-da-Umnachtung, das Uhrwerk (ich) zu suchen, ziehen wir uns auch schon wieder auf Alex Betreiben hin auf die sicher erscheinende Position auf der Treppe zurück – mit einem so sprunghaften Kerl wie ich gerade in dieser Situation bin, würde ich an Alex Stelle auch nicht einem Vampir begegnen wollen.
Hinter Alex und mir zwängen sich Sam und John an dem Heizkessel entlang. Sam berichtet, dass er Mr. Marc, den Typen, dem wir im Keller begegnet waren und der, wie wir erfahren werden, zu Simmonds gehört, sicher in einem anderen Keller verstaut hat. Dann hören wir alle vier auch schon Helling unten in dem Raum – er muss schon knöcheltief im Heizöl stehen. Sam fackelt nicht lange und knallt im ein „Du bist von Simmonds verkauft worden“ entgegen, was Helling sofort überaus gefügig macht.
Gut gemacht! Wir beschließen mit Helling einen Deal, der Dank John nicht mal zwanzig Minuten halten wird. Wir lassen ihn laufen (was wir nicht tun), dafür sagt er uns, wo das Uhrwerk bzw. die von ihm entwendeten Teile desselben zu finden sind (was er tut – womit wir zwar die Arschlöcher, aber eben die lebenden Arschlöcher sind). Alex überprüft bei einem Kollegen telefonisch, ob Hellings Angaben stimmen. Und in der Tat findet sich im Flughafenschließfach 478 eine kleine Sporttasche mit Metallteilen.
Sam, Alex und ich verlassen den ungemütlichen Ort und zwängen uns an dem schon halbleeren Tank zurück in den Heizungsraum, während John in unserem Rücken anfängt, mit einem Taschentuch und einem Feuerzeug zu spielen. Nach ein paar Momenten, in denen Alex von seiner kleinen Freundin gewarnt wird, dass John unter die Pyromanen gegangen ist (was er uns aber nicht mitteilt und ich daher nur aus seinem sich verändernden Blick nun rückwirkend zu schließen mich erdreiste), hören wir in Johns engelsgleicher Stimme ein panisches „Er greift an“, gefolgt von ein paar Schüssen und einem „Da sind noch mehr“.
Während Alex nach kurzem inneren Kampf beschließt, sich mit seiner Waffe wieder hinter den Tank zu zwängen und John beizustehen, beschließen Sam und ich von weniger Skrupeln geschüttelt, dass wir dem mittlerweile trotz seiner Schrulligkeit doch lieb gewonnen Cowboy nicht aus der Flammenhölle von Mt. Doom befreien werden. Stattdessen machen wir alles schon mal zur schnellen Flucht bereit.
Hinter dem Tank scheint es sich so abgespielt zu haben: Helling taucht unvermittelt vor John auf. Er befindet sich sichtlich in Panik, ein Zustand, in den auch John sich schnell ob des Verlaufs der nächsten Sekunden versetzt sieht. Helling stürzt sich auf John, der versucht, alle seine Kräfte zu bündeln – was wohl misslingt, denn die zu hörenden Kampfgeräusche lassen maximal auf eine Blümchenfassung eines Berserkers schließen. In seinem „Wütchen“ hat John dem schon arg angekokeltem Vampir nicht viel entgegen zu setzen. Ein Schlag mit der Feueraxt trifft diesen zwar, hindert Helling aber nicht, sich in John festzubeißen.
Da taucht jedoch wie John Rambo in seinen besten Tagen Alex Conley auf und beschießt Hell(-ing) mit Blitzen aus eben deren sieben Kreisen (oder waren es neun? Ich habe Dante nur in einer FSK18-Version im Kino gesehen, in der mehr das Treffen zwischen dem Protagonisten und seiner Beatrice eine Rolle spielten, wenn ihr versteht, was ich meine.). Nachdem Helling, mittlerweile selbst für einen Untoten arg ramponiert, trotzdem nicht von Johns offensichtlich leckerem Fleisch lassen will und nun gar beginnt, ihn auszusaugen (in der Not frisst der Bauer…oder wie meine Großmutter immer zu sagen pflegte), schießt Alex eine gezielte (!) Salve aus seiner automatischen Waffe in das Kampfgetümmel, die Helling endgültig erledigt.
Doch dies sollte nicht seine letzte Heldentat bleiben: Helling stürzt untot in das Flammenmeer, den armen John immer noch fest in seinen Armen. Alex springt hinter den beiden her und rettet unseren praktisch zur Unkenntlichkeit verschmorten Anwalt aus dem fast sicheren Tod. Wie Weiland Willis in Stirb Langsam sehen Sam und ich Alex, selbst verrußt und (fremd) blutverschmiert aus den hinter dem Tank hervorquellenden Rauchschwaden auftauchen, John, scheinbar leblos, auf seinen offensichtlich sehr starken Armen tragend. Was ein Bild!
Aber wir haben keine Zeit, diesen Moment des Triumphs über einen Vampir auszukosten (wobei John da eh nicht viel von gehabt hätte, so wie er aussieht). Ich aktiviere, kaum haben die anderen den Keller verlassen, den Feueralarm, der wie erhofft dazu führt, dass eine Eisenplatte den Heizungskeller verriegelt. Alex hilft noch schnell Mr. Marc aus seiner Gefangenschaft und holt dann das Auto. Sam und ich überzeugen ihn, schnell beim Flughafen die Tasche abzuholen, bevor wir John bei Dr. West abliefern. Noch aus dem Auto heraus machen wir einen Termin mit Helena aus, die auch sofort Zeit hat.
Wir berichten ihr, nicht ohne Stolz auf das Erreichte, von den Geschehnissen dieses ereignisreichen Tages. Während wir dafür plädieren, unseren Teil des Uhrwerks zu zerstören, damit da gar nicht erst wieder Schindluder mit betrieben werden kann, spricht Helena sich für einen von Eliza überwachten Testlauf der vollständigen Uhr aus. Da dieser ohne die Mandaley-Hälfte des Uhrwerks nicht durchzuführen ist, wird uns unser nächster Job in deren Villa führen. Helena stellt in Aussicht, dass die Alarmanlage der Mandaleys für unseren „Bruch“ ausgestellt sein wird.
Apropos Mandaleys: Diana die Jüngere hat Helena heute zu einem Essen eingeladen. Das verspricht genauso heiter zu werden wie der weitere Verlauf der wohl konstruktiv angefangenen Gespräche zwischen dem Trust und McKennet und Miranowa. Aber, wie ich ob meines Zweifels, ob der Trust die Uhr sicher verstauen könnte aus dem Mund eines meiner Mitstreiter erfahren durfte: es gibt Gründe, warum das Trust heißt. Also werden wir bestimmt alle mehr oder weniger heil aus der Sache rauskommen.
– Nun gut, dann mal auf in das letzte Gefecht, Kameraden!