Zum Kotzen...
Am 22ten April saßen wir also in unserem Kapitelhaus und berieten uns, was wir denn mit den verdammten Unterlagen machen sollten. Wie sollten wir Sie geschickt zurückgeben ohne uns verdächtig zu machen. Wäre es nicht Jaccomo gewesen, der mir den Auftrag gegeben hat, wäre ich vermutlich stinksauer mittlerweile, schien es doch so, als wenn er nur auf eine Gelegenheit gewartet hätte dem Longinus, und insbesondere von Honstein, mal eins auszuwischen. Mich dafür zu benutzen hätte ich nicht vielen Personen erlaubt. Sei’s drum.
Wie gesagt, wir saßen also dort, während Jaccomo, zusammen mit Lady Chiara, welche kurze Zeit später eingetroffen war, die Unterlagen sichtete und berieten uns. Alberto schlug vor, die Unterlagen erst in der nächsten Nacht abzugeben, da wir es in der Nacht nicht mehr zu Rahimad und zu dem Prinzen schaffen würden.
Wir diskutierten kurz, ob es eine Möglichkeit gäbe, die Unterlagen zu kopieren und diese Kopien erst in der nächsten Nacht an Rahimad zu übergeben damit wir diesen Abend noch zum Prinzen gehen konnten, entschieden uns aber dagegen, da eine so späte Audienz nicht angemessen wäre und das kopieren vermutlich auch zu lange dauern würde. Statt dessen besainnen wir uns auf einen, wie ich zugeben muss, ganz guten Plan.
Nach einigem hin und her, wo die Unterlagen am besten übertagen könnten, entschlossen wir uns diesen Abend noch zu Rahimad zu fahren und anschließend alle im Elysium zu übernachten, damit wir am nächsten Morgen sofort zum Prinzen aufbrechen konnten. Das stellte sich als wirklich gute Idee raus, wie wir später feststellen durften.
Wir machten uns also auf zu Rahimad. Dort angekommen stellten wir fest, dass der Laden aufgebrochen wurde und beschlossen erst einmal vorsichtig zu sein. Enrico nutzte seine verdammte Fähigkeit unsichtbar zu werden und mir gelang es zum wiederholten Male nicht, seine Tarnung zu durchschauen. Dabei war und bin ich mir immer noch sicher, dass es gehen muss. Ich bleibe an dieser Sache dran.
Enrico war also unsichtbar und schlich um den Laden, während Alberto sich zum Eingang begab. Der Laden war ziemlich verwüstet und die Blutspuren wiesen auf einen Kampf hin. Da Alberto allerdings von dem Angestellten Rahimads bereits an der Tür empfangen wurde, schien die Situation geklärt zu sein. Wie uns Rahimad anschließend erzählte, ist das wohl Gunter von Plessens Werk gewesen, den er jedoch vertreiben konnte.
Wir gaben Rahimad die Unterlagen und er fragte uns, nach kurzem Durchblättern, ob etwas verschwunden sei. Ich wollte ja nicht in Enricos Paranoia einsteigen, aber mir viel auf, dass es seltsamerweise wieder Alberto war, der zuerst reagierte und das abstritt. Während der Sichtung erklärte uns Rahimad, dass es sich bei den Unterlagen um eine Ketzerei an der Kirche des Longinus handele.
Die Unterlagen bewiesen, dass die thebanische Magie, bisher dem Lancea Sanctum als ureigene, heilige Kraft vorbehalten, schon vor der Gründung der Kirche existiert hatte und damit nicht ganz so ureigen und heilig war, wie es der Lancea immer behauptet. Ein starkes Stück wie ich finde. Ganz so als würde man Dokumente finden, dass schon jemand vor Jesus, Wunder gewirkt hat. Das würde der Kirche auch nicht gefallen und diese würde sicherlich auch alles daran setzen diese Beweise zu vernichten.
Rahimad brauchte glücklicherweise nicht lange für die Unterlagen und wir schafften es noch rechtzeitig ins Elysium. Auf dem Weg dahin unterbreitete uns Alberto, dass wir leider alle in einem Raum schlafen müssten, da das Elysium es nicht für nötig erachtete, uns mehr als einen Raum zur Verfügung zu stellen. Als wenn die so viele Gäste hätten, dachte ich. Aber die Upper Class der Kainiten muss halt immer zeigen wem das Elysium gehört und wer dort das sagen hat. Wie bereits vorher einmal angedeutet, war es, trotz der beeinträchtigen Umstände, eine gute Idee im Elysium zu übernachten.
So konnten wir direkt nach Anbruch der Dunkelheit und noch vor dem, mit einer Vorladung im Elysium eintreffenden Sheriff, zum Prinzen aufbrechen. Dort wurden wir, wie zu erwarten, sofort empfangen und zum Prinzen geleitet. Die kleine Ratte aus Wien war natürlich auch schon da und erwartete uns mit einem hämischen Grinsen. Weiterhin war der Bischof und eine kleine, verhüllte Person anwesend. Schnell stellte sich heraus, das Marburg es war, der uns beim Prinzen angeschwärzt hat und wohl auf eine Verurteilung mit viel Folter hoffte. War ja keine Überraschung.
Da uns unsere unaufgeforderte Ankunft positiv ausgelegt wurde, begann das Gespräch recht vielversprechend und der Prinz ging nicht auf die ständigen Unterbrechungen von Marburg ein. Da uns schwere Vorwürfe zur Last gelegt wurden und wir diese durch unsere eher fadenscheinige Geschichte nicht ganz entkräften konnten, zogen wir schnell unseren Joker aus dem Hut. Die Unterlagen.
Der Prinz, auch wenn er es nicht ganz zeigen konnte, war darüber hocherfreut und lies die Unterlagen von der verhüllten Person prüfen. Diese bestätigte glücklicherweise die Echtheit und der Prinz schien beschwichtigt. Doch Marburg war damit nicht zufrieden und auch der Prinz wollte uns wohl auch nicht ganz ohne einen Denkzettel davon kommen lassen. Er bot uns an, die Beichte abzulegen oder uns in einer Gerichtsverhandlung zu rechtfertigen.
Da der Lancea Sanctum bei seinen Verhandlungen noch nicht im 20ten Jahrhundert angekommen ist, nahmen wir natürlich alle an und so wurde jeder von uns zum Bischof gebeten um dort die Beichte abzulegen. Diesen doch sehr privaten Teil werde ich Dir ein anderes Mal erzählen. Nur soviel, es war echt zum Kotzen.
Bis die Tage,
Henry