Ein Dekret des Prinzen

Genova, 25. April 1998, in der Nacht

Gerade einmal vier Tage nach den “Weissagungen” der Strega ergeht ein Dekret des Prinzen von Genova, das die Worte der Harpie eindrucksvoll unterstreicht. Paula Rosado selbst war diese Nacht ungewohnt schweigsam.

Die Heroldin Patricia Bartocelli besucht in dieser Nacht die Elysien und Offiziellen der Stadt und verkündet im Namen des Erzbischofs Vittorio Asturi di Este, Prinz von Genova und Statthalter des Longinus, wie folgt:

Hiermit ergehe folgendes Dekret unseres Herrschers, des Prinzen von Genova, dem Erzbischof Vittorio Asturi di Este, über alle Bewohner dieser seiner Domäne, seien sie sterblich oder unsterblich:

Unser Wille ist es unsere geschätzte Schwester Anna Marie Therese Julie wohlbehalten zu wissen. All jenen, die ihr Leid antun, durch ihre Untätigkeit ihr Leid dulden oder Kenntnis über ihren Verbleib haben, sei hiermit ohne jede Gnade befohlen, dies uns bis zur Dämmerung der heutigen Nacht anzuzeigen.

Nach Verstreichen dieser Frist sei jede Handlung gegen das Wohl unserer Schwester, die Duldung ihres Leidens und die Geheimhaltung ihres Verbleibs ein direkter Angriff auf uns, den Prinzen von Genova. Jene, die sich dieses Verbrechens und Verrats schuldig machen, sollen die Strafe unserer Ungnade erleiden, die wir nach Longinus Willen ihnen erweisen wollen.

Hinter vorgehaltener Hand wird viel über die Hintergründe zu diesem forschen Vorstoß des Prinzen spekuliert. Einig ist man sich, dass es bisher niemand gewagt hat, auf derart bedenkenlose Weise das Wohl eines Einzeln abzusichern und auch vor der wenig verhohlenen Drohung des finalen Todes nicht zurückzuschrecken. Weniger einig ist man sich, ob der Prinz sich damit durchsetzen kann oder er gerade seinen Thron für diese Absurdität opfert.