Unfreiwillige Helden von Dietershafen
Nach unserer aufregenden Nacht nehmen wir uns bei einer kleinen Pause auf der Reise nach Krähenhorst Zeit, die gefundene Karte zu studieren. Das gute Stück zeigt ganz klar die Gegend um Dietershafen, darüber hinaus leider allerdings noch einiges an obskuren Schmierereien. Zum Glück können wir uns auch hier auf Gerds profundes Hintergrundwissen zu seinem Assassinen-Auftrag verlassen.
Karte Dietershafen
Die drei Ausrufezeichen auf der Karte stimmen zufällig mit örtlichen Sagen und Legenden über ein. Eines davon soll gar der Aufenthaltsort einer mächtigen, alten Hexe sein. Das Zeichen im Süden der Karte ist vermutlich das Gebiet von marodierenden Bestienmenschen.
Im gleichen Maße wie auf Gerd in Bezug auf seine wahre Profession Verlass ist, so versagt er auf dieser Reise regelmäßig bei seiner gewählten Tarnung als Heiler und Apothekarius. Bevor er sich also noch weiter an Ragnars Wunden vergeht, helfe ich schnell aus und kümmere mich um diese. Der miesepeterige Zwerg nimmt die Prozedur tapfer hin.
Im nebeligen Morgengrauen erreichen wir schließlich Krähenhorst, dessen Leuchtfeuer uns schon aus größerer Entfernung den Weg gewiesen haben. Eine lang gestreckte Palisadenmauer umschliesst das kleine Dorf mit seinen niedrig gebauten Gehöften und Feldern. Am Tor fordert der Torwächter Tolle eine Erklärung für unser Hiersein. Gerds charmant vorgetragene Erzählung von einem Chaosüberfall, unserem verletztem Freund Theo und der dringenden Notwendigkeit den Herrn von Krähenhorst sprechen zu müssen, überzeugt ihn schießlich uns einzulassen.
Innerhalb der Palisaden haben wir einen guten Blick auf den Leuchtturm, der mittig zwischen den Gehöften steht, sowie auf die große, herrschaftliche Ritterhalle und den Sigmar-Schrein. In der Ritterhalle empfängt uns Manfred von Krähenhorst, ein grimmiger Mann um die 30 Jahre mit stechenden grauen Augen und einem zertrümmerten Kiefer, der nie richtig heilte. Über seiner vornehmen Kleidung trägt er ein breites Schwert gegürtet. Ebenfalls anwesend sind Tarek der alte, mindestens ebenso verbissene Sigmarit des Ortes und Ursula, eine sehr junge, aber bereits stark vernarbte Kämpferin.
Wir tragen der illustren Runde unsere zugegebenermaßen leicht widersprüchliche Geschichte vor. Während wir bei den Chaosdingen, Barbaren und Symbolen noch dieselbe Sprache sprechen, kommt spätestens bei den Fragen nach den Gefangenen des Inquisitors, dem Gasthaus und uns ein hoffnungsloser Kauderwelsch heraus. Man musste nicht mal besonders helle im zertrümmerten Schädel sein, um zu merken, dass wir vermutlich nicht zufällig dort waren und es diese ominösen anderen Gefangenen nie gegeben hatte.
Einige stammelnde Minuten später, Lileath war uns gnädig, werfen wir mit Tarek die Chaossymbole ins Feuer und der Herr von Krähenhorst erklärt uns anhand der gefundenen Karte den vermeintlichen Angriffsplan. Wir willigen ein, ihn per Schiff nach Dietershafen zu begleiten, um der Bedrohung durch das Chaos und die Nordbarbaren entgegen zu treten - weniger um der hehren Ideale willen, sondern eher um unsere Haut zu retten. Aber damit wollten wir zu dem Zeitpunkt noch niemanden behelligen.
Am nächsten Morgen brechen wir mit der “Komet”, einer kleinen Schaluppe, auf nach Dietershafen. Die Schiffsreise ist ereignislos, gibt uns aber Gelegenheit Kraft zu schöpfen und die Wunden zu kurieren.
Auf dem Pier von Dieterhafen berichtet uns der trunkene Hafenmeister von der Verleihung der Souveränität an den Stadtrat durch den Markgraf von Eisenstauf und der stattfindenden Feierlichkeit auf dem Marktplatz. Unter den misstrauischen Augen von hunderten von Möwen am Himmel über dem Hafen eilen wir in Richtung Marktplatz. In unserem Eifer geraten wir auch prompt in den Hinterhalt, den Tussmeier vornehme gekleidete Bekannte für uns parat hat.
Die Frau, die wir zum ersten Mal im Gasthaus gesehen hatte, hielt uns auf offener Strasse auf und präsentierte eindrucksvoll ihr magisches Geschick. Mit donnernden Worten richtet sie ihren Stab zum Himmel und Dutzende von Möwen attackieren uns plötzlich in hektisch herabstoßenden Schwärmen. Damit nicht genug, ein weiteres donnerndes Wort erschallt und die werte Eishexe hüllt sich in einen kaum zu knackenden Eispanzer.
Während Theo und ich Deckung in einem Haus nehmen, stürzen sich Krähenhorst, Gerd und Ragnar mit Gebrüll auf die Eishexe. Ursula und ein Soldat Krähenhorsts sind zunehmend verzweifelnd den Möwenschwärmen ausgeliefert. Ich suche fieberhaft nach etwas, um die Möwen zu verscheuchen, eventuell eine Feuerquelle. Theo sucht mit, wie allerdings der Sack voller Wertsachen uns in dieser Sache behilflich sein soll, weiß vermutlich nur sein kleiner Langfingergeist.
Die unverwundbare Hexe fällt schließlich als Gerd, Ragnar und Krähenhorst auffällt, dass es ihr Stab ist, der denn Eispanzer aufrecht erhält. Ragnars schmetternder Schlag löst das Problem und die drei machen wenig edelmütig kurzen Prozess mit dem Hexenweib. Mit den Stabsplittern fallen auch die behexten Möwen tot zu Boden. Für Gerd ist damit noch nicht genug, in kaltem Wahn zerrt er der Leiche die Wertsachen vom Leib und beginnt damit den Körper brutal zu zerhacken. Soviel Irrsinn ist scheinbar selbst den Chaosgöttern zuviel und sie lassen den Leichnam wieder aufstehen und mit einem Knäuel von nachwachsenden Tentakeln auf uns losgehen.
Bevor auch der Rest meiner Gefährten dem Wahnsinn verfällt, schickt Krähenhorst uns in Richtung Marktplatz, um den Markgraf zu warnen und die Verschwörung aufzudecken. Krähenhorst, Ursula und der Soldat versuchen derweil den Tentakeln Herr zu werden.
Auf dem Marktplatz steht eine große Tribüne und davor in langen Reihen Tische und Bänke. Auf der Bühne sitzen die Stadthonorationen, Markgraf von Eisenstauf, der Bürgermeister, Oberrichter Tussmeier und Inquisitor Weidenfeld. Ich bemerke, dass Tussmeier die Turmuhr im Auge hält auf die Stunde seines Sieges wartend.
Ein chaotisches Kampfgetümmel folgt. Gerd und ich hetzen über die Tische auf die Bühne, wo ich kurz entschlossen Tussmeier niederschlage und uns Holm in der Gestalt Weidenfelds einen erbitterten Kampf liefert. Theo unterstützt den Kampf mit gut platzierten Schüssen aus der Ferne und zertrümmert unter anderem dem bewußtlosen Tussmeier den Schädel.
Ragnar rast auf die Tribüne zu und hat den Geistesblitz, die Holzstehlen zu fällen und so die ganze Konstruktion einstürzen zu lassen. Leider scheint das Gerüst eine zwergische Meisterkonstruktion zu sein und fällt selbst lange Minuten später und einige Stehlen weniger immer noch nicht. Ragnar, ganz in seinem Holzfäller-Element, stört sich jedoch nicht weiter an dem um ihn herum tobenden Kampf und konzentriert sich meisterhaft auf die hölzerne Herausforderung.
Die blutigen Detail sei der werten Leserschaft erspart, aber wir sind nicht nur siegreich aus dem Kampf hervor gegangen, sondern mit Hilfe des von Krähenhorst gelingt es den heimtückischen Umsturzversuch aufzudecken, unsere Urteile aufzuheben und dann auch noch daraus Profit beim anschließenden Festakt zu unseren Ehren daraus zu schlagen. Als unfreiwillige Helden von Dietershafen mussten wir nun wirklich niemanden auf die Nase binden, dass eigentlich alles nur ein großes Missverständnis war…
- aus den Reiseerzählungen
von Malrieth “Maru” Ruvindirion