Erste Übergriffe

Trallop, 05. Tsa 1015 BF

Emmeran, Cordovan und ich diskutieren im Anschluss an Emmarans und mein Erwachen aus unseren Träumen, was wir jetzt tun sollen. Wir entscheiden uns, zur Burg zu gehen. Ich schlage vor, vorher noch nach Bruder Josold zu schauen, überlasse das aber gerne Cordovan. Ich möchte lieber nicht alleine durch den dunklen Gang gehen, der zwischen unseren Zimmern und Josolds Kemenate liegt. Josold hatte wohl den gleichen Traum, den auch Emmeran und ich geträumt haben. Er hat sogar ebenso das Gefühl, dass jemand mit aus dem Traum in unsere Welt gekommen ist. Jedoch scheint es ihn weniger zu beängstigen, es sei ja alles nur ein Traum.

Auf der Burg angekommen, will Emmeran sich aus unserem Zimmer sein Rüstung und seine Waffe holen. Bloß wieso? Ansonsten braucht er doch auch keine Bewaffnung. Hat das mit dem Schatten, der mir aus dem Traum gefolgt ist, zu tun? Oder hat gar er mit dem Schatten zu tun? Handelt Emmeran in seinem Auftrag, ist er besessen? Soll er mich für den Schatten im Augen behalten? Ich muss wirklich vorsichtig sein, darf mich aber auch nicht dem aufkommenden Verfolgungswahn hingeben. Wenn ich Emmeran und Cordovan nicht mehr vertrauen kann, wem dann? Cordovan erkundigt sich nach der Gesandtschaft aus Donnerbach. Eine Adeptin des Seminars der elfischen Verständigung und natürlichen Heilung befindet sich in der großen Halle an einer der langen Tafeln. Es ist eine junge Frau Anfang 20 in einer grünen Robe. Als wir sie ansprechen, stellt sie sich als Rondraja Ma’nandrah vor. Sie ist eine Schwester des Aconius, eines Ordens, der sich der Heilmagie verschreiben hat. Ich schlage vor, dass wir das, was uns bewegt, auf unserem Zimmer mit ihr besprechen. Ich erzähle ihr dort zuerst von dem Traum, den Emmeran und ich hatten. Viel wichtiger ist mir jedoch, ihr von den Zaubern zu berichten, deren Spuren ich gesehen habe. In diesem Zusammenhang gebe ich ihr aber auch zu verstehen, dass ich mir erhofft hatte, jemanden aus der Akademie zu treffen, der über mehr Erfahrung als sie verfügt. Ich gehe nicht davon aus, dass sie uns weiterhelfen kann, zumindest denke ich nicht, dass sie mir direkt etwas zu meinen Ausführungen sagen kann. Das bestätigt sich, jedoch kann Rondraja uns vielleicht doch behilflich sein. Sie meint, dass die Spektabilität ihrer Akademie, ihr Name ist von Koorbruch, helfen könne. Von Koorbruch habe auch eine tiefe Zwölfgötter-Gläubigkeit, wie sie schnell anfügt. Ich weise sie sofort darauf hin, dass wir gerne in Kontakt mit ihm treten würden. Cordovan merkt dabei an, dass wir auf keinen Fall nach Donnerbach reisen können. Wir würden die Reise nicht überstehen. Es muss also einen anderen Weg geben. Nachdem ich ihr eingebläut habe, dass sie mit niemandem über uns sprechen soll, bitten wir sie, sich nach einer Möglichkeit umzuhören.

Während wir in der Burg waren, hat im Hof eine Parade begonnen, die sich von hier zum Turnierplatz vor der Stadt durch Trallop bewegen wird. Wir schauen uns das bunte Treiben nur kurz an. Cordovan will noch einmal in den Praiostempel, um dort mit Hochwürden von Greifenberg zu sprechen. Cordovan erzählt ihm von Gernward. Seine Hochwürden kennt ihn aus seiner Zeit aus Greifenfurt, wo er seine Weihe empfangen hat. In Greifenfurt haben die Praiospriester damals in ihrer Funktion als Richter über den Fall von Gernwards Frau verhandelt. Über den Fall will er aber auch auf wiederholte, von Emmeran zunehmend bohrend vorgebrachte Nachfrage nichts Genaueres erzählen. Schließlich solle man die Toten Ruhen lassen – ein Hinweis, mit dem Cordavan nichts anfangen kann, was er auch deutlich zur Sprache bringt. Seine Unerschütterlichkeit in seinen tiefsten Überzeugungen ist wirklich beeindruckend, jedoch macht sie auch den Umgang mit ihm nicht immer einfach. Von Greifenberg teilt uns noch mit, dass Gernward den Zwölfen mehrfach abgeschworen habe und dabei vielfach übelste Beschimpfungen vortrug. Er habe nicht verstehen können, warum seine Frau für ihre – uns eben nicht weiter bekannten – Verfehlungen einstehen musste. Dieser Hinweis bringt Emmeran erneut dazu, seine Hochwürden verbal anzugehen. Nachdem wir kurz darauf den Tempel verlassen haben, geben Cordovan und ich Emmeran zu verstehen, dass er sich anders aufführen muss. Auch kann ich nicht verstehen, warum Emmeran, wirklich nicht zum ersten Mal, Obrigkeiten so negativ gegenüber steht. Sieht er denn nicht, dass sie unsere Ordnung aufrechterhalten und ihre Leben der Gemeinheit oder dem Glauben widmen? Die Ausnahmen, die es dabei gibt, scheinen für ihn Regeln zu sein.

Emmeran und ich kehren zur Burg zurück, während Cordovan zum Borontempel aufbricht. In der Burg angekommen wende ich mich an Dankwart von Weißenberg. Leider kann er mir keine weiteren Magiebegabten nennen, die sich auf der Burg befinden. Auch hat Rondraja mir keine Nachricht hinterlassen. Emmeran ist bereits aufgebrochen, um sie in ihrem Zimmer, von dem er aber nicht weiß, wo genau es liegt, aufzusuchen. Nachdem sich herausstellt, dass Rondraja gar nicht auf der Burg weilt, geht Emmeran zum Turnier, während ich auf unserem Zimmer in der Burg bleibe. Dort sucht mich zu Beginn der Dämmerung Rondraja auf. Eine Elfe, mit der sie den Nachmittag am See verbracht hat, kann vielleicht Kontakt nach Donnerbach herstellen. Die Elfe sei weit gereist, kennte aber die Länder der Menschen und deren Sitten nicht so gut. Rondraja will versuchen, ein Treffen zu arrangieren, wenn ich es wünsche. Ich mache keinen Hehl aus meinem Interesse und breche auch gleich auf, um Cordovan im Tempel aufzusuchen. Als ich ankommen, sehe ich, dass auch Emmeran vom Turnier dorthin gekommen ist. Wir machen ab, dass jeweils nur einer von uns hier im Tempel wacht, während die anderen auf der Burg schlafen. Wir hegen die Hoffnung, dass die Distanz zu Gernward uns einen ruhigen Schlaf bringt.

Trallop, Nacht vom 05. auf den 06. Tsa 1015 BF

Während meiner Wache passiert nichts, auch wenn ich selten eine solche Angst hatte wie in den wenigen Stunden, in denen ich alleine neben Gernward im Halbdunkel des Zimmers gewacht habe. Mehrmals sehe ich den Schatten, der mir aus dem Traum gefolgt ist im Augenwinkel. Nach einer mir unendlich lang vorkommenden Zeit kommt Cordovan um mich abzuholen. Er hat gut schlafen können und auch Emmeran hat keine schlimmeren Träume gehabt, bis er zur dritten Wache zum Tempel aufbricht. Jedoch kann ich nun nicht gut schlafen, ich höre Rufe. Wie sich herausstellt, sind es aber keine Stimmen im Traum, sondern Schreie Cordovans, die mich aus dem Schlaf reißen. Als ich mich zu ihm wende, um ihn zu wecken, sehe ich, dass er Blut an den Händen hat. Erfolgreich versucht er sich, die Haut vom Leib zu ziehen. Ganze Fleischstückchen kann ich erkennen, die Cordovan sich schon aus der Brust gerissen hat. Sein Laken ist schon mit Blut durchtränkt. Ich rüttele an ihm und nehme den Krug mit Wasser zu Hilfe, um ihn endlich wach zu bekommen. Endlich macht er die Augen auf, jedoch erkenne ich in ihnen nicht meinen Freund. Cordovan greift schnell nach seiner Waffe und hätte ich nicht meinen Stab nach oben reißen können, hätte er mir bereits dann eine solche tiefe Wunde geschlagen, wie er sie mir mit seinem zweiten Schlag zufügt. Ich lasse das Licht an meinen Stab angehen und schreie Cordovan an. Während er zu einem weiteren Schlag ausholt, kommt er endlich zu sich. Lange hätte ich der Wucht seiner Schläge nicht Stand halten können.

Cordovan wirkt sehr verstört. In seinem Traum wimmelte es nur von Blut und Toten. Er spricht von einem Berg von Leichen, durch den er watete. Er selber sei in dem Traum für all die Toten verantwortlich gewesen. Nachdem er alle anderen getötet habe, wollte er sich selber töten, indem er sich das Herz rausreißt. Daran habe ich ihn gehindert. Doch habe ich ihm dadurch, das ich ihn aufweckte, ein neues Ziel gegeben: mich. Cordovan und ich brechen schnell in den Tempel auf, um nach Emmeran zu sehen. Diesem geht es, die Zwölfe seien Dank, gut. Nachdem wir sicher gegangen sind, dass auch Bruder Josold nicht zu Schaden gekommen ist, haben wir Zeit, ein wenig zur Ruhe zu kommen. Cordovan heilt einen Teil des Schadens, den er mir zugefügt hat. Die Beklemmung, die er wegen des Traums und seiner Attacke auf mein Leben verspürt, ist praktisch greifbar. Wir beschließen, zurück auf die Burg zu gehen und dort ein Frühstück einzunehmen. Auch die Junge Rondraja ist dort zu gegen. Nachdem sie Emmeran abblitzen lässt, dessen Annäherungsversuche nicht nur ungeschickt und plump, sondern in dieser Situation für mich auch gar nicht nachvollziehbar sind – wie kann er jetzt nur daran denken, wo Cordovan und ich in dem Zuständen sind, in den wir sind – stellt Rondraja uns ein baldiges Treffen mit ihrer Bekannten in Aussicht.

So müssen wir drei schnell auf unser Zimmer, um ein wenig für Ordnung zu sorgen.