Unfrieden in der Gemeinschaft
Abend des 27. Ingerimm
Was ist das nur für eine Welt, in der ich lebe, in der ein Menschenleben so wenig zählt? Ich verstehe meine Gefährten nicht. Noch weniger finde ich jedoch meinen Platz in dieser Welt! Vielleicht sollte ich wieder alleine meiner Wege gehen. Bevor ich jedoch diese Entscheidung fälle, möchte ich abwägen, was passiert ist und die Ereignisse Revue passieren lassen.
Wenn ich sagen würde, alles begann mit der Mühle des Zwerges, so wäre dies nicht richtig. Eigentlich begann es ab dem Zeitpunkt, ab dem ich versuchte mich den “Lebensgewohnheiten“ meiner Freunde anzupassen. Dabei muss ich aufpassen, dass ich nicht pauschalisiere. Denn, bei Feqz, viele ihrer Taten haben mich für sie eingenommen. Aber immer wieder merkt man, dass sie eben doch von adeligem Stand sind. Man kann nun mal nicht von der Hand in den Mund leben!
Dies schwehlte in mir schon so lange und dann wurde mir an einem einzigen Tag in gleich zwei Situationen klar, wie sehr sich die Weltsicht meiner Gefährten doch von meiner eigenen unterscheidet. Wobei auch dies vielleicht eine Sichtweise ist, die zu sehr pauschalisiert.
Aber vielleicht sollte ich einfach anfangen, die Ereignisse zu rekapitulieren.
27. Ingerimm
Am Eingang des Dorfes Braunenklamm begegnen wir einem Zwerg, der Wut schnaubend berichtet, dass sich etwas in seinem Wassermühlrad verhangen habe. Zu allem Überfluss scheint der Gute unter Platzangst zu leiden, da er sich scheut, in den Schacht hinunterzusteigen, welcher zu dem Wasserlauf führt. Auch mir erscheint das Ganze nicht geheuer. Da ich jedoch der einzige meiner Gefährten zu sein scheine, der des Schwimmens einigermaßen mächtig ist, erkläre ich mich bereit, einmal nachzuschauen. Unten stellt sich die Sachlage so dar, dass es nicht ungefährlich für mich sein wird, in das Wasser hinab zu tauchen und zu schauen, was sich dort verklemmt hat und den Lauf des Mühlrads blockiert.
Absurd wird die Situation jedoch erst, als der Zwerg trotz Knarren und Ächzen der Mühle und trotz der Tatsache, dass er ohne mich wahrscheinlich seine Einkommensquelle verlieren wird, mir meinen nicht ungefährlichen Einsatz geradezu lächerlich entgelten will (Wie ich nie erfahren soll, ist Wolfhart an dieser Situation nicht unbeteiligt). Ich bin hin und her gerissen, ob ich diesen Geizhals nicht einfach seinem Schicksal überlassen soll, entschließe mich dann jedoch dazu, in Verhandlungen mit ihm zu treten und ihm letztlich zu helfen.
Ein Gutes hat diese Entscheidung auf jeden Fall. Wir wissen nun, das von Wiedbrück einen seiner Leute verloren hat. Eine Leiche war es nämlich, die sich in der Mühle verfangen hatte. Wobei “Leiche“ nicht ganz korrekt ist, da sie trotz des nicht zu übersehenen Dings, das in ihrem Vorderkopf steckte, mich unter Wasser noch angriff und erst durch einen beherzten Stich in die Augen davon abgebracht werden konnte. Dass sich bei dem “Tod“ dieser Leiche nicht alles mit rechten Dingen zugetragen hat, offenbarte die spätere Untersuchung. Sie wies nämlich deutlich mehr Stiche und Schnitte auf, als zum Versterben notwendig sind und überdies auch noch Brandwunden.
Tja und nachdem dieses Abenteuer nicht ohne weitere Blessuren überstanden war, wird es doch glatt noch absurder. Denn anstatt, dass meine Gefährten mir nun beipflichten, was für ein elendiger Geizhals dieser Zwerg ist, greift Wolfhart mich an, dass ich die Not der Menschen ausnutze. Auch als ich ihn des Abends bei einem mit dem Lohn des Zwerges finanzierten opulenten Mahls diesbezüglich zur Rede stelle, weicht er nicht von seiner Position ab. Ob er wohl weiß, wie sehr er mich damit verletzt? Auch Emmeran scheint, obwohl nicht so klar, doch deutlich auf der Seite Wolfharts zu stehen. Vielleicht will er aber auch nur vermitteln. Vielleicht sollte ich mehr darüber nachdenken was er sagt. Irgend so etwas von Streitereien die innerhalb Gemeinschaft zunehmen, und vielleicht gar nicht so sehr etwas mit uns als Person sondern mehr etwas mit unserer Nähe zu dem götterverfluchten Ort zu tun haben, dem wir uns nähern. Und das es Wichtigeres gibt als unsere Querelen.
Aber im Moment will ich das nicht. Ich will mir meine Wut von der Seele schreiben. Dazu sollte dann aber auch gehören, von Cordovan zu berichten, der ruhig wie immer in die Runde wirft, dass der Zwerg keinesfalls ausgenommen wurde, sondern im Gegenteil recht gut davon gekommen ist.
28. Ingerimm
Der Tag begann so wie der letzte geendet hatte. Mit Missmut und schlechten Nachrichten. Diesmal war es Mutter Linai, die des Nachts von einem Albtraum geplagt wurde und uns jetzt davon berichtet: In diesem kam eine rote Ebene mit einem Turm und einem grauen Wabern vor und sie sei vor etwas geflohen direkt hinein in das graue Wabern…. oder so ähnlich. Die Worte ergeben für mich wenig Sinn, aber ihre Panik ist geradezu körperlich spürbar. Unwillkürlich muss ich an das denken, was Emmeran gesagt hat. Wenn ich nur nicht so enttäuscht wäre. Gerade von ihm hätte ich eine andere Reaktion erwartet gehabt. Aber man sägt ja auch nicht den Ast ab, auf dem man sitzt. Oder bin ich einfach nur ungerecht?
Insgesamt scheint aber nicht nur unsere Gemeinschaft zu leiden. So weiß der Wirt, der unser Gespräch überhört hat, zu berichten, dass auch im Dorf Leute von diesen Träumen berichten. Als Cordovan dieser Geschichte nachgeht, erfährt er, dass die nach einem Unfall erblindete Tochter des Schmieds einen recht ähnlichen Traum hatte. Sie berichtet von einer roten Ebene und einer Flucht. Allerdings erzählt sie über mehr als eine Ebene geflohen zu sein und danach tief gefallen zu sein. Außerdem berichtet sie, dass was immer sie verfolgt habe, jetzt hier sei und darauf warte, dass sie schlafe.
Nach diesem wenig erfreulichen Tagesanfang ziehen wir weiter und müssen uns schon kurze Zeit später entscheiden, wie wir weiter ziehen: rechter Hand durch eine Klamm und am Wasser entlang, wo von Wiedbrück wahrscheinlich langgeritten ist, oder linker Hand dem Goblinpfad weiter folgend in Richtung Salthel. Dies ruft einen weiteren Streit hervor, da Wolfhart es für selbstverständlich hält, dass wir unserem Auftrag und somit dem Weg folgen, während andere aus der Gruppe durchaus Argumente finden, dem Wasser zu folgen, um eventuell Näheres über die Situation um von Wiedbrück, den Tod des Söldners und den Schrecken der Tobimora zu erfahren. Da ich keine Präferenzen habe, lasse ich das Glück für mich sprechen. Eine Wahl, der sich Cordovan anschließt. Dies ärgert Wolfhart umso mehr, woraus weitere Sticheleien und ein sich anschließender Streit zwischen ihm und mir entsteht. Und während ich stichele, muss ich wieder an Emmeran denken.
Somit komme ich dann schon zu dem letzten Ereignis dieses Tages: Die Begegnung mit dem Räuberbaron Terkol von Buchenbruch. Schon von weitem sehen wir ihn und zwei seiner Kumpanen die Straße versperren. Da jedoch wieder einmal keiner meiner Gefährten das Vorgehen abstimmen will, reiten wir einfach weiter, so dass die Tragödie ihren Lauf nimmt.
Während nämlich Cordovan mit dem “Baron“ verhandelt und die Übermacht der Gegner auslotet, um abzuschätzen ob ein Wegzoll von fünf Silbertalern für jeden von uns gerechtfertigt ist, bereitet Wolfhart einen seiner vermaledeiten Zauber vor. Und so kommt es, dass kurz nachdem der Räuberbaron seine linker Hand im Gras versteckten drei Armbrustschützen offenbart, Wolfahrt schon einen Zauber auf denselben loslässt, der diesen Hals über Kopf das Weite suchen lässt. Daraufhin feuern die Armbrustschützen geradezu reflexartig ihre Waffen ab und kurze Zeit später finden wir uns alle im Kampf wieder. Am Ende dieses völlig unnützen Blutvergießens liegen zwei Mannen des Baron schwerverletzt dar nieder, Mutter Linai ist verletzt und auch Wolfhart ist nicht ohne Verletzungen davon gekommen.
Ich frage mich, ob Wolfhart darüber nachgedacht hat, dass der Baron uns auch aus dem Hinterhalt einfach hätte angreifen können, dass er nicht hätte offenbaren müssen, wie groß seine Übermacht war. Man muss Wolfhart in gewisser Weise feqzsche Schläue unterstellen, Cordovan reden zu lassen und dann als erstes loszuschlagen. Aber es ist so unfeqzsisch den Tod so vieler in Kauf zu nehmen.
Was ist also die Quintessenz? Wenn man für einen lebensgefährlichen Dienst einen angemessenen Lohn verlangt, so nutzt man die Not seiner Mitmenschen aus und handelt ehrlos. Wenn man aber feqzgefällige Verhandlungen zu einem Erstschlag nutzt und das Blutvergießen vieler riskiert, so ist dies nicht ehrlos und das angemessene Vorgehen. Ich wollte in dem Moment mit diesen Leuten nichts zu tun haben und habe mich ganz unfeqzsisch daran gemacht, Not zu lindern und Geld zu schenken. Ich denke Feqz hätte es verstanden. Wenn wir mehr Wolfharts auf dieser Welt hätten, hätten wir auf jeden Fall weniger Wegelagerer, die bestrebt sind, unnötiges Blutvergießen zu vermeiden. Wie ich diese Adeligen verabscheue. Und wieder muss ich an Emmeran denken. Bin ich zu hart?