Von Prophezeiungen und Fabelwesen
Zurück auf der Burg erfahren wir, dass es eine Spur des verschwundenen Wachtrupps gibt, und dass Weibel Firutin die Suche nach den verschollenen Männern leitet. Während Wolfhart, Liasanya und ich uns auf den Weg machen, um den Baron darüber zu informieren, dass wir uns ebenfalls an der Suche beteiligen wollen und unsere Abreise entsprechend noch einmal verschieben müssen, sucht Cordovan den jungen Urjel im Rondratempel auf, wo er ihm von unserem Verdacht erzählt, einem Vampir auf der Spur zu sein. Der Geweihte reagiert jedoch skeptisch und ungehalten, und besteht auf seiner sofortigen Abreise. Baron von Nordfalk entlässt den Heißsporn nach kurzer Rücksprache mit uns aus seinen Diensten, damit er seine Familienangelegenheit regeln kann. Selbst unsere Bitte nach Hilfe im Falle eines Kampfes mit einem Vampir kann ihn nicht mehr zurückhalten. Wenn es um ihre eigensten Interessen geht, sind doch alle Menschen gleich, egal welche Ideale sie sonst den anderen aufzuzwingen versuchen ….
Wir brechen ebenfalls sofort auf und lassen uns zu der Stelle führen, wo der Wachtrupp seine abgesprochene Route verlassen hat. Wir folgen den im Schnee leicht zu findenden Trittspuren des Suchtrupps, der uns jedoch nach etwa einer halben Stunde aus Richtung eines dichten Waldstückes entgegen kommt. Die Männer berichten, dass sie die Vermissten gefunden haben, und dass diese sich unerlaubt vom Wachdienst entfernt hätten. Was für ein Tag! Dabei herrscht hier doch angeblich eiserne Disziplin. Auf den Vorwurf angesprochen treten die drei hervor. Sie sind durchgefroren und zerzaust, ihre Ausrüstung besteht nur noch aus Fetzen und Einzelteilen, allerdings scheinen sie körperlich weitestgehend unversehrt. Sie behaupten, sie seien von Harpien verschleppt und die ganze Nacht hindurch gepiesackt worden, nachdem sie versucht hätten, diese zu überwältigen. Eins der Biester habe sogar starke Magie benutzt, um sie zu verzaubern.
Einer solchen Geschichte müssen wir natürlich nachgehen. Wir gelangen schließlich auf eine große Lichtung mitten im Wald, die von besonders hohen Bäumen und mannshohen Findlingen umstanden ist. Wolfhart findet dort noch Teile der Ausrüstung der Soldaten und vereinzelt Krallenspuren an den Bäumen. Während wir noch versuchen, die Vorfälle zu rekonstruieren, nehmen erst Liasanya und dann Cordovan das Geräusch großer Schwingen über den Wipfeln wahr – die Harpien selbst sehen wir jedoch nicht. Nach einiger Zeit angespannten Wartens erkläre ich mich bereit, den Wald einmal zu überfliegen, um zu sehen, ob Gefahr besteht. Ich steige am Waldrand auf und nähere mich im großen Bogen der Lichtung, als auch schon zwei der abstoßend häßlichen Biester aus den Bäumen aufsteigen und mich laut fluchend bis zum Waldrand verfolgen, wo ich schnell wieder lande. Von dort sehen wir endlich auch die Köpfe der vier Wesen, die aus den Bäumen zu uns herabschauen. Eine davon ist deutlich älter und noch hässlicher als die anderen – durch das zerrupfte Gefieder erkennt man Flecken einer ledrigen grauen Haut. Nach dem Austausch einiger Beleidigungen und nachdem die Bestien keine Anstalten machen, uns anzugreifen, machen wir uns widerwillig auf den Rückweg, da wir keinerlei Fernwaffen mit uns führen. Darauf scheinen die Harpien nur gewartet zu haben, denn sie nehmen die Verfolgung auf und beginnen, über uns zu kreisen und uns weiter zu beschimpfen. Wolfhart und ich haben anscheinend dieselbe Idee, denn wir schleudern einen ‚Blitz dich find‘ auf eine der Gestalten, als diese über uns einen Sturzflug andeutet. Die Wirkung ist erstaunlich, da die Frauengestalt beinahe neben uns im Schnee aufschlägt, sich in letzter Sekunde dann aber doch noch fangen kann. Dies verärgert die zerrupfte Alte so sehr, dass sie uns einen Fluch entgegen schleudert, der uns in panikartige Furcht ausbrechen und in wilder Flucht davonlaufen lässt.
Die Verwirrung nutzend, packen zwei der Harpien Wolfhart und heben ihn in die Luft. Dieser wehrt sich trotz der Zauberwirkung nach Kräften, so dass die beiden ihn schließlich über den Bäumen fallen lassen. Zum Glück fliegen die Biester danach weg, so dass wir den nur leicht verletzten Wolfhart bergen und den Rückweg antreten können. Wir beeilen uns nach dieser Erfahrung, Moosgrund zu erreichen, wo Wolfhart sich in die Hände des Heilers begibt während wir anderen dem Baron berichten.
Wir erfahren, dass der südländische Magier Dschelef nach Wolfhart gefragt hat, und suchen ihn sofort auf. Der Mann ist noch immer stark geschwächt, kann aber seine durch Wolfharts Rubinauge geweckte Neugier nicht zügeln. „Ich muss es wissen. Sagt mir seinen Namen.“, bedrängt er Wolfhart, ohne uns andere eines Blickes zu würdigen. Als Wolfhart daraufhin den Namen Borbarads erwähnt, sehen wir, dass dem Mann ein eiskalter Schrecken in die Glieder fährt. Endlich ist er bereit, seine Informationen mit uns zu teilen. Wir erfahren, dass er ehemals Leiter der Pentagramm-Akademie zu Rashdul war und sich dem elementaren Zweig der Beschwörungsmagie verschrieben hat, jedoch von seiner eigenen Tochter in einem magischen Duell besiegt und abgelöst wurde. Er behauptet, ein Dschinn der Lüfte habe ihn nach Weiden getragen, was auch erklären könnte, warum er auf die winterlichen Verhältnisse nicht vorbereitet war. Er verfolgt Liscom von Fasar wegen eines Verdachts, den der „Herr der Erde“ geäußert hat und fühlt sich in seiner Queste durch diverse Prophezeiungen und Orakelsprüche bestärkt. Liscom bringt danach das Gleichgewicht der Elemente in Gefahr, eine Warnung, die wir bereits von den Druiden vernommen haben. Natürlich denken wir alle an Dragenfeld zurück und diskutieren noch lange die mögliche Bedeutung des Orakelspruches, den der fremde Magier mit sich führt, bevor wir uns endlich zur Ruhe begeben.
Am Morgen des 26. Travia geht es Wolfhart deutlich besser, so dass wir früh nach Hardering aufbrechen. Die Reise vergeht ereignislos, und nachdem wir die erste Nacht frierend im Freien verbracht haben, biegen wir am Abend des zweiten Tages von der Straße ab und finden einen Bauernhof, wo wir herzlich aufgenommen werden.
Gegen Mittag des 28. Travia erreichen wir den ‚Dreibaronienweiler‘, zu dem Gut Hardering gehört. Der Ort besteht aus einigen verschneiten Häusern, einer Mühle und einem Gasthaus und ist von mehreren Guts- und Bauernhöfen umgeben. Im Gasthaus nehmen wir ein warmes Mahl ein und berichten dabei von unserem Abenteuer mit den Harpien. Wir erfahren etwas über die gesichteten Orks und den Verbleib des Kundschafters Rondraich von Altweiler, der zusammen mit Urjel nach Gut Hardering aufgebrochen ist. Der Hof des jungen Geweihten ist angeblich von einer ganzen Rotte Orks umzingelt und überfallen worden. Frisch gestärkt machen wir uns ein weiteres Mal auf in die Kälte, um das Gut heute noch zu erreichen.
js says:
Sehr schöner Bericht. Zuerst einmal danke ich Dir, dass Wolfharts wenig rumreiche Auseinandersetzung mit den Harpyien neutral und wahrheitsgemäß wiedergegeben wurde.
Über einen Komemntar musste ich schmunzeln: “Wenn es um ihre eigensten Interessen geht, sind doch alle Menschen gleich, egal welche Ideale sie sonst den anderen aufzuzwingen versuchen …”: Frag’ da mal Cordovans Geschwister.