Zaubern für Praios

… oder „Ich habe heute Nacht acht Orks alleine erschlagen.“

Während die verschlafenen Mönche und Novizen noch immer nicht wissen, wie ihnen geschieht, stürmt Cordovan unaufhaltsam weiter, dicht gefolgt von Wolfhart, der ihm mit dem Licht seiner magischen Fackel folgt. Die drei Orks, die mich in Richtung Dormitorium verfolgt hatten und sich eben daran machten, in den Tempel einzudringen, stellen sich zum Kampf, fallen aber unter den unbarmherzigen Hieben des Rabenschnabels.

Ein weiterer Orktrupp ist durch die Fenster des Dormitoriums eingestiegen und in den Keller vorgedrungen, wo sie mit dem dort eingesperrten Efferdin ihre grausigen Späße treiben.  Wolfhart lockt sie durch spöttische Bemerkungen die Stiege hinauf, wo Cordovan sie bereits erwartet. Auch diese drei Orks fallen unter seinen Schlägen, jedoch kann er nicht verhindern, dass Wolfhart in dem Schlagabtausch von einem fliehenden Ork schwer getroffen wird. Als Wolfhart schon beinahe die Sinne schwinden, rettet er sich durch einen Heilzauber.

Derweil haben sich die verschreckten Ordensbrüder im Innenhof des Dormitoriums gesammelt. Der hohe Lehrmeister schlägt vor, die Orks durch eine Demonstration von Stärke und Entschlossenheit zu verjagen, also führt Cordovan die Brüder zum Bergfried, nachdem sich alle notdürftig mit Fackeln und Lampen versorgt haben. Auch dort finden sich Spuren der Eindringlinge, und bei den Werkstätten treiben sich noch Schwarzpelze herum, die jedoch die Flucht ergreifen, als sie Cordovan entschlossen auf sich zukommen sehen. Die von der Torwache inzwischen alarmierten Zwerge und Handwerker verfolgen die feigen Banditen in die finstere Nacht, während bei den Ordensbrüdern langsam wieder Ruhe und Ordnung einkehrt.

All dies erfahre ich erst später durch Cordovan und Wolfhart, die sehr zufrieden mit dem Ausgang der Schlacht sind. Während alle beschäftigt sind, versuche ich indes, die Gunst der Stunde zu nutzen, und einen Zugang zur Krypta zu finden. Die Dunkelheit und die Verwirrung des Kampfes machen mich für einen Moment kopflos, so dass ich erst nach einigen Umwegen einen passenden Schlüsselbund aus Hüter Bormunds Zelle  entwenden kann, den dieser in der Eile nicht an sich genommen hat. Die Tür zur Zelle des hohen Lehrmeisters ist sehr wohl abgeschlossen, wie ich zu meiner Enttäuschung feststellen muss.

Der richtige Schlüssel zur Krypta ist schnell gefunden, und die Tür im Tempel gibt den Zugang zu einer schmalen Wendeltreppe frei, die in die Tiefe führt. Ich werfe den Schlüssel in Richtung Altar, um den Einbruch auf die Orks schieben zu können, falls ich bei meinem Erkundungsgang ertappt werde. Die Wendeltreppe führt in ein riesiges Gewölbe, das von mehreren hohen Säulen getragen wird. Die Wände – sofern ich sie im Licht meiner kleinen Lampe erkennen kann – sind mit unzähligen Fresken und Reliefs verziert, die allesamt Schädel und Fratzen zeigen. Die hässlichen Bilder sind aber wohl den Zwölfen gewidmet – jedenfalls ist die Arbeit für Orkschmierereien zu aufwändig und fein. Entlang der Wände stehen wohl ein Dutzend Sarkophage, die ebenfalls reich verziert sind. Zwischen den Säulen finden sich frisch errichtete Schreine mit Gaben für Praios - entweder das oder die Mönche haben hier Müll liegen lassen. Am Ende des Gewölbes ist eine verschlossene Gittertür, dahinter steht in einer etwas tiefer gelegenen Grabkammer ein prächtiger Sarkophag – wahrscheinlich das Grab Arras de Motts. Was für ein misstrauisches Pack diese Ordensbrüder doch sind – vielleicht hätte ich den Schlüsselbund doch einfach behalten sollen.

Auf dem Weg nach oben höre ich Stimmen im Tempel und lösche vorsorglich meine Lampe. Der hohe Lehrmeister verschafft sich in Begleitung einiger Ordensbrüder, Cordovans und Wolfharts einen Überblick über die Schäden des Angriffs – es gelingt mir jedoch, im Halbdunkel aus dem Tempel zu schleichen, den ich danach direkt wieder betrete, so dass mein Eindringen unbemerkt bleibt. Als die offene Tür zur Krypta entdeckt wird, führt de Mott die Gruppe sofort nach unten. Erst danach entdecken wir die Schäden am äußeren Gerüst und die Diebstähle bei Werkzeug und Material. Dennoch kehrt wieder Ordnung ein, und die Ordensbrüder begeben sich erneut zur Ruhe.

Während der Nachtwache lotse ich Cordovan in den Tempel und zeige ihm den weggeworfenen Schlüssel, den er an sich nimmt. Natürlich kann er sich zusammen reimen, was hier passiert ist. Vergeblich versuche ich, ihn zu überzeugen, dass wir die Gelegenheit nutzen müssen, mehr herauszufinden, doch er ist zu nichts zu bewegen. Wir müssen bei unseren Untersuchungen schon gegen das Misstrauen der Mönche ankämpfen. Wenn ich Cordovan auch noch hintergehen müsste, wäre es noch schwieriger, etwas zu erreichen. Außerdem würde ich unsere Freundschaft auf eine harte Probe stellen, wenn er doch etwas davon erführe. Ich überlasse ihm die Entscheidung – heute Nacht erreichen wir ohnehin nichts mehr.

Am nächsten Tag treffen etwas zur Mittagszeit überraschend Reisende am Kloster ein: Es sind zwei Männer und eine Frau in Reisekleidung, die sich als Pilger vorstellen und am Grab des Klostergründers beten wollen. Cordovan fällt auf, dass sie ihn mit finsteren Blicken mustern, den Grund dafür erfährt er trotz Nachfrage aber nicht von ihnen. Stattdessen beobachtet er, wie sie mit Hüter Bormund tuscheln.

Die Erklärung lässt nicht lange auf sich warten: Novizin Serkia bestellt uns zu einem Gespräch mit de Mott in den Bergfried, wo auch die Hüter Bormund und Quanion auf uns warten. De Mott führt aus, dass die Pilger schwere Anschuldigungen gegen uns erhoben haben und weist auf einen Beutel mit Dukaten, der vor ihm auf dem Tisch liegt. Ein gefundenes Fressen für Bormund, der die Geschichte der Pilger wiederholt. Ein fremder unheilvoller Mann sei ihnen begegnet, der ihnen den Beutel mit 13 Dukaten für seine „Freunde“ im Kloster mitgegeben habe – damit sind wohl wir gemeint. Diese sollten das Geld unbedingt heimlich und ohne Wissen der Ordensbrüder erhalten. Sie hätte aus Furcht zugestimmt, im Schutze des Klosters jedoch unverzüglich die Wahrheit gebeichtet. Noch bevor man mir erklärt, dass 13 Dukaten der Lohn eines Verräters sind, denke ich: „Man sollte Praios vor solchen Pilgern schützen – hoffentlich schenkt er ihnen noch etwas Wahrheit und Licht, bevor alles zu spät ist.“

Cordovan antwortet wutentbrannt, dass diese Geschichte jeder Logik entbehrt. Er beruft sich auf seine Stellung als Ritter der Boronskirche, der in dieser Nacht alleine acht Orks erschlagen hat, und lässt sich in seinem Zorn dazu hinreißen, Bormund mit einem Kirchengericht zu drohen. Auch Wolfhart erhebt lautstark Einwand und führt ins Felde, dass er in den Schlachten auf den Silkwiesen und im Kloster Arras de Mott zu Ehren Praios‘ gekämpft hat. All das steigert Bormunds Ablehnung und Misstrauen nur umso mehr, und er verdreht jedes Argument der beiden. Ich versuche, ruhig zu bleiben und weise darauf hin, dass wir immer nach den Richtlinien des Klosters vorgegangen sind, und dass unschwer zu erkennen ist, wie jemand hier versucht, Zwietracht zu sähen. Ersteres entspricht seit heute nicht ganz der Wahrheit, aber wenn Praios zuhört, hat er wohl ein Einsehen. Schließlich erhebt de Mott das Wort. Er lenkt ein und weist Bormund zurecht, dann erklärt er den Fall für abgeschlossen. Die von Wolfhart vorgeschlagene magische Untersuchung des Beutels und der Münzen lehnt er jedoch ab. Damit ist das Gespräch beendet, es bleiben jedoch viele neue Fragen: Wer ist der Unbekannte? Was sind seine Ziele, und warum treibt es ihn jetzt zu so einer Tat? Hoffentlich bringt der nächste Tag einige Antworten.