Eine Nacht, ein Traum, ein Mord
Da wir noch ein wenig Zeit hatten bis zum Beginn des Festmahls, beschlossen wir in die Schenke „Zur strahlenden Fee“ einzukehren. In der typischen Dorfkneipe saßen neben dem üblichen Gesindel, welches sich, statt zu arbeiten, schon mittags einen hinter die Schürze kippt, noch zwei offensichtlich ortsfremde an einem der schäbigen Tische. Die beiden Fremden, augenscheinlich Söldner, weckten mein Interesse und ich ließ meinen ganzen Charme spielen um den Beiden ein paar Informationen zu entlocken. Währenddessen fiel Helme nichts Besseres ein, als sich zu dem nichtsnutzigen Bauernpack zu gesellen. Als wenn die etwas Nützliches zu unserer Aufgabe beitragen könnten. Neben dem üblichen Gefasel kam überraschenderweise doch noch etwas zu Tage. Das Gesindel berichtete von einer Sichtung des Roten Pfeils im Reichsforst. Dieser legendäre Elf, welcher in den letzten Jahrzehnten ausnahmslos das Reichsturnier in Gareth gewann, soll angeblich einem der Bauern bei Problemen mit Wegelagerern geholfen haben. Wer’s glaubt…
Mein Gespräch mit den Söldnern war leider wenig ergiebig. Die beiden wussten echt nichts zu erzählen. Jedes Wort musste ich den Hornochsen aus der Nase ziehen. Was für eine Zeitverschwendung.
Alles in allem war der Ausflug in die Schenke, bis auf den Humpen erträglichen Bieres, nicht sehr erfolgreich und wir beschlossen zurück zur Burg zu gehen und unseren ursprünglichen Plan umzusetzen. Traviane ermöglichte uns den Zugang zur Galerie über dem Festsaal, von dem wir die Gesellschaft beobachten konnten. Was für ein verschwenderischer Haufen. Auch hier ergab sich leider nichts Neues, so dass wir nach dem Festmahl, unverrichteter Dinge in unser Schlaflager zurückgekehrt sind.
Mitten in der Nacht weckte mich ein gellender Schrei. Auch meine Begleiter schienen diesen Schrei gehört zu haben. Seltsamerweise war der Schrei, das einzige Geräusch welches man hören konnte. Kein Wiehern der Pferde und auch kein Geklapper der Wachen waren zu vernehmen. Wir machten uns auf die Suche nach dem Ursprung des Schreis. Schnell war klar, dass dieser aus dem Haupthaus der Burg gekommen sein musste. Dort angekommen wurden wir Zeuge eines unwirklichen Schauspiels:
(Greifbert:) “Ach Schwester, mir ist so kalt.”
(Traviane:) “Wärme dich am Feuer, Bruder. Für uns ist der Kampf vorbei.”
(Greifbert:) “Bist du dir sicher, dass deine Retter das Versprechen, meinem Jungen beizustehen, auch einhalten werden? Sie sind jung und werden die Tragweite der Ereignisse vielleicht nicht verstehen.”
(Traviane:)”Sei unbesorgt, Greifbert, die Herrin Travia hat sie geschickt. Es war Hesindes Weisheit und Phexens List, die sie ihre Wahl treffen ließ. Sie wusste, dass diese tapferen Recken den Kampf fortführen werden, wenn der unsrige beendet ist. Mein Opfer ist nicht vergebens.”
(Greifbert:) “Dennoch, ich hätte Allerich rechtzeitig in den uralten Feenpakt einweihen müssen. Vom Vater auf den Sohn, sowie es immer Brauch war. Bei Praios’ Licht, wenn er nicht neu geschlossen wird, werde ich allein die Schuld an allem Kommenden tragen. Wenn er wenigstens meinen Nachlass erhalten hätte … “
(Traviane:) “Gräme dich nicht, Bruder. Deinen Nachlass habe ich noch auf der Burg verbergen können. Dort, wo Travias Macht am Stärksten ist. Allerichs Freunde werden ihn finden.”
(Greifbert:) “Und was passiert, wenn deine Begleiter zu spät kommen? Wenn die Holde vergeht und das Geheimnis der Feengrotten an den Zerstörer fällt?”
(Traviane:) “Ein Geheimnis bleibt nur so lange ein Geheimnis, bis seine Zeit gekommen ist. Die alten Elfen wussten dies, und auch die Holde Ulfindel weiß das. Letztlich wird sich das Schicksal erfüllen, so oder so.”
(Greifbert:) “Ach Schwester, mir ist so kalt … “
Mitten in der Nacht weckte mich ein gellender Schrei…Schon wieder. War das alles nur ein Traum gewesen? Anscheinend, denn nun schienen wir nicht die einzigen gewesen zu sein, welche dieser Schrei aus den süßen Träumen gerissen hat. Lautes Gerenne und aufgeregtes Gerufe war aus dem Burghof zu vernehmen. Schnell machten wir uns auf den Weg zum Haupthaus, wo sich zum Eingang des Festsaals schon eine kleine Menschentraube gebildet hatte. Mit Entsetzen konnte wir Traviane tot am Boden liegen sehen. Neben ihr eine verschüttete Schale Eintopf. Uns war sofort klar, dass Traviane sich nicht selbst für diesen bescheuerten Abgang entschieden hatte und Navadanion und ich machten uns auf die Ausgänge der Burg zu beobachten. Unserer Theorie nach, würde der Mörder sicherlich schnell versuchen die Burg zu verlassen. Navadanion wollte auf dem Weg hinab zum Zeltlager warten und ich beobachtete das Burgtor. Zwei Personen fielen mir auf als sie aus der Burg kamen und Richtung Zeltlager gingen. Als ich sie ansprach, erzählten sie mir, dass sie unterwegs seien, einen dieser Medizin Scharlatane aus dem Dorf zu holen. Die Idioten hatten wohl nicht mitbekommen, dass an Traviane nichts mehr zu retten war. So blöd kamen mir die beiden allerdings nicht vor und einer Eingebung folgend, ging ich ihnen hinterher. Ach was eine Überraschung. Die beiden hatten gar nicht vor einen Medicus zu holen, sondern gingen schnurstracks zum Lager der Gaukler um sich dort zwei Pferde zu stehlen. Das habe ich auch noch nicht erlebt. Üblicherweise sind es immer die Gaukler denen man nachsagt, dass sie sich nehmen was nicht Niet und Nagelfest ist. Wie es meine Art ist, habe ich die beiden Deppen auf ihren Fehler aufmerksam gemacht und sie gefragt, was sie denn hier treiben. Da wurde es den beiden wohl zu bunt und sie verwickelten mich in einen Kampf. Na ganz toll…wo ist Helme, wenn man ihn braucht? Mit seinem Heldenmut ist es wohl nicht weit her. Als es etwas haarig für mich wurde, fing ich an laut zu rufen um die Gaukler zu wecken. Arrigo war der erste, der sich aus seinem Wagen schälte und als auch die Tür des Bärenbändigers aufflog, ergriffen die beiden Angreifer die Flucht. Natürlich ohne Pferde. Das hatte ich erfolgreich vereitelt.